Evangelischer Arbeitskreis Sachsen-Anhalt

Zur Diskussion um das Grundsatzprogramm der CDU Sachsen-Anhalt

Die CDU Sachsen-Anhalt hat auf Regionalkonferenzen im ganzen Land den Entwurf des Grundsatzprogramms diskutiert. Wie soll es nun weiter gehen? Was wird aus den aufgeworfenen Fragen, Anregungen und Forderungen?
Programmdiskussion ist für eine Volkspartei Selbstverständigung nach innen und Repräsentation nach außen zugleich. So betrachtet ist der Weg zum Programm mindestens so wichtig wie das beschlossene Endprodukt. Programmdiskussion ist ein Lackmustest der Politikfähigkeit einer Partei. Volksparteien unterscheiden sich gerade darin von Wählerinitiativen, Einpunkt-Parteien und reinen Protestbewegungen. Wenn die Landes-CDU plant, die Endfassung des Programms schon auf einem Landesparteitag am 9. November diesen Jahres zu beschließen, so verpasst sie die große Chance, durch inhaltliche Veranstaltung darzustellen und im Diskurs erarbeiten zu lassen, was moderne CDU-Politik heute liefern muss. Der immer wieder öffentlich beklagten angeblichen Ununterscheidbarkeit der Volksparteien voneinander könnte durch eine längere offene Phase der Programmarbeit begegnet werden.
Ferner muss die CDU aufpassen, im Programm die Latte nicht so hoch zu hängen, dass alle bequem darunter hindurch schlüpfen können. Programmatische Ziele und Alltagspolitik sind in der Realität nie deckungsgleich, sie dürfen aber nicht zu weit auseinanderliegen. Diese Gefahr besteht zu Zeit.
Eine moderne Gesellschaft lebt vom Austausch von Menschen und Meinungen. Deshalb brauchen wir nicht nur aus demografischen Gründen Einwanderung von Menschen nach Deutschland. Es leiden aber fast alle europäischen Länder unter ähnlichen Demografieproblemen, deshalb wird sich die gewünschte Einwanderung realistischer Weise in einem bisher nicht gekannten Ausmaß aus Menschen nichteuropäischer Kulturkreise vollziehen. Den zu erwartenden potenziellen kulturellen Konflikten ist rechtzeitig zu begegnen. Integration heißt das Schlüsselwort dieser Aufgabe.
Deshalb ist es bei aller gebotenen Toleranz wichtig, von allen Anhängern muslimischer Religionsgemeinschaften zu fordern, dass wir die Einhaltung des Grundgesetzes und unserer Rechtsordnung und insbesondere eine klare Absage an jegliche Versuche, nach der Scharia in Deutschland Recht auszuüben, einfordern. Das Etablieren einer Paralleljustiz darf nicht zugelassen werden. Die Probleme mit Viel-Ehen, Zwangsverheiratungen und muslimischen Friedens-Schlichtern nähmen zu, so Wolfgang Bosbach[1], Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages. Wer in Deutschland auf Dauer leben will, soll sich in der Regel auch auf Dauer entscheiden müssen. Deshalb darf die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft nicht zum Regelangebot werden. Sie muss eine wohlbegründete Ausnahme bleiben. Doppelte Staatsbürgerschaften beinhalten immer einen potenziellen Loyalitätskonflikt.
 
Die sogenannte Energiewende belastet private Haushalte und weite Teile der Wirtschaft schon jetzt mehr als angekündigt. Das politische Versprechen hieß, dass die Stromkostensteigerung für private Haushalte 3,5 Cent je Kilowattstunde nicht überschreiten wird. Großinvestoren klagen Vertrauensschutz ein und haben diesen schon in erheblichen Umfang durch Vergesellschaftung der Kosten und Risiken durchgesetzt. Die CDU darf aber nicht vernachlässigen, dass es gegenüber den Bürgern auch einen politischen Vertrauensschutz geben muss, der bei Missachtung sich ganz einfach in Wahlergebnissen niederschlägt.
Die DU/SPD-Landesregierung wird im Herbst ihren Entwurf des Haushaltsplanes für das Jahr 2014 und die mittelfristige Finanzplanung für die Zeit darüber hinaus vorlegen. Es ist nicht so, dass wir erst jetzt merken, dass wir Zeiten deutlich schrumpfender öffentlicher Haushalte in Sachsen-Anhalt entgegen gehen müssen. Die Wissenden wissen dies seit Jahren. Dazu gehören alle Landtagsabgeordneten und alle Regierungsmitglieder.  Nun ist eine hektische Spardebatte mit z.T. weltfremden Vorschlägen ausgebrochen. Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Artikel ist für den Autor nicht absehbar, was der Landtag ggf. im Spätherbst beschließen wird. Für den EAK ist aber anzumerken, dass die durch Vertreter der Landesregierung angezettelte Debatte über die Staatskirchenverträge leider von wenig Sachkenntnis und politischen Fingerspitzengefühl der Initiatoren zeugt. Die DU-Landtagsfraktion hat jedenfalls auf ihrer Sitzung am 7. Mai 2013 beschlossen:  „Die staatlichen Leistungen für die Kirchen im Land haben Bestand. Darüber hinaus gehende Vereinbarungen sind nur einvernehmlich mit den Kirchen zu treffen und dürfen nicht in geschützte Rechtsgüter eingreifen.“ Im Entwurf des Grundsatzprogramms steht: “Wir stehen zu den abgeschlossenen Staatsverträgen und zum Staatsvertrag mit der Jüdischen Gemeinschaft.“ Wenn die CDU in dieser Frage ihre Haltung ändern sollte, muss sie diesen Satz streichen. Sie sollte dann konsequent auch das „C“ in ihrem Namen streichen.
Wollen wir hoffen, dass CDU-Grundsatzprogramm und Beschlussfassung zum Landeshaushalt einigermaßen zusammen passen werden.
Jürgen Scharf
 
 
 


[1] PROKOMPAKT vom 15.05.2013