Der EAK konnte entscheidende Passagen des neuen Grundsatzprogramms mit formulieren. Die Prüfung, ob es in der Tagespolitik der CDU eine Rolle spielen wird, wird noch erfolgen.
F.Zobel, K. Knolle, Prof. W. Merbach, J. Scharf, J. Rumpold
Grundsatzprogramme werden nur in größeren Abständen beschlossen und sollen für eine mittlere oder sogar längere Wegstrecke das Selbstverständnis einer Partei wiederspiegeln. Die CDU-Sachsen-Anhalts hat auf ihrem Parteitag am 9. November 2013 nach 1993 das zweite Grundsatzprogramm ihrer Geschichte beschlossen. Wird es wieder zwanzig Jahre halten, ohne allzu sehr zu veralten? Wird es die richtigen Grundsätze bekräftigt oder auch neu gelegt haben? Wollen wir dieses hoffen, denn nur programmatische Klarheit kann einer Volkspartei auch im Alltag helfen, nicht die Richtung zu verlieren.
Der EAK hat sich frühzeitig und wiederholt auch öffentlich in diese Programmdiskussion eingeschaltet. Das Resultat kann sich insgesamt sehen lassen. Eine ganze Reihe unserer zehn Änderungsanträge haben unverändert oder in abgewandelter Fassung Einzug in den Schusstext gefunden, nachdem es schon gelungen war, den Entwurf des Programms in wichtigen Aussagen mit zu prägen.
Die CDU bleibt eine christlich geprägte Volkspartei, deren programmatische Aussagen auf einem christlichen Bild vom Menschen fußen. Dieses ist nicht selbstverständlich in einem Lande, in dem nur ca. 30 Prozent der Bevölkerung und vielleicht nur 60 Prozent der CDU-Mitglieder einer christlichen Konfession angehören. Die CDU hat mit diesem Programm Anspruch und Aufgabe weit über ihre Grenzen hinaus deutlich zu machen, dass ohne die vordemokratische, wertebildende Grundlage christlicher Ethik in diesem Lande keine Politik zu machen ist. Die CDU hat damit allerdings auch die Aufgabe stets den Blick über enge konfessionelle, ja weltanschauliche Grenzen hinaus, ihren Gestaltungsaufrag zu entwickeln und wahrzunehmen. Wenn die CDU auf diesem Menschenbild die Grundlagen des demokratischen Rechts- und Verfassungsstaates ableitet, so heißt dies aber auch im Sinne des Toleranzgebotes, dass in der CDU auch diejenige geleichberechtigt mitarbeiten, die Würde, Gleichheit und Freiheit des Menschen nicht aus diesem Glauben herleiten.
Ethik, Menschenbild und Familienbild sind eng miteinander verknüpft. In dieser Ausgabe des Rundbriefes veröffentlichen wir auch die Stellungnahme des EAK zur Orientierungshilfe der EKD in dieser Frage ( Siehe Seite einsetzen) Auch im Grundsatzprogramm spielen Ehe und Familie eine große Rolle. Wir sind froh, dass unser Änderungsantrag angenommen wurde, der das Verhältnis von nicht-ehelichen Partnerschaften zur Familie klar stellt. Nun heißt es: „Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Lebensentwurf verwirklichen. Wir erkennen an, dass auch in solchen Beziehungen Werte gelebt werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind. Dies gilt nicht nur für nicht-eheliche Partnerschaften zwischen Frauen und Männern. Dies gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Wir werben für Toleranz und wenden uns gegen jede Form von Diskriminierung. Eine Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau als Kern der Familie lehnen wir jedoch ebenso ab wie ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare.“
In der Frage der doppelten Staatsbürgerschaft und der Abwehr der Herausbildung von Parallelgesellschaften ist das Programm unnötig vage geblieben. Unsere Forderung: „Integration bedeutet auch Einforderung bestimmter Verhaltensweisen der Zuwanderer. Nach einer bestimmten Zeit müssen sich die Menschen entscheiden, zu welchem Staatsvolk sie auf Dauer gehören wollen. Deshalb ist ein Angebot für eine doppelte Staatsbürgerschaft als Regelangebot der falsche Weg zu gelingender Integration. Die doppelte Staatsbürgerschaft muss weiterhin auf wohlbegründete Ausnahmen beschränkt bleiben.“ wurde abgelehnt.
Auf welcher Grundlage können wir ein vereintes Europa schaffen? Diese Frage treibt uns um und ist nicht nur eine Frage der Konvergenz zum Beispiel in Wirtschafts- Währungs- und Sozialfragen. Wenn wir für Sachsen-Anhalt unsere vordemokratischen Grundlagen feststellen konnten, scheute sich der Programmparteitag, gleiches für Europa zu tun. So fand ein Antrag, „Europa bedeutet für uns ein gemeinsames, auf dem christlichen Menschenbild beruhendes Wertefundament bestehend aus Demokratie, Freiheit und Menschenrechten.“ keine Mehrheit. Der Verzicht auf den christlichen Bezug zeugt von einer eigenartigen Geschichtsvergessenheit. Hoffen wir, dass dieses ein Ausrutscher war.
Ein neues Grundsatzprogramm wurde beschlossen. Die Prüfung, ob es in der Tagespolitik der CDU eine Rolle spielen wird, wird noch erfolgen.
Jürgen Scharf